Nach einem niederschlagsreichen Frühling floriert nun das Sommergeschäft im Saastal. Im Interview erläutert Simon Bumann, CEO der Saastal Bergbahnen, wie sich die rund 30% Verkehrsertrag im Sommer zusammensetzen, wie die neue Hannigbahn das Angebot ergänzt und welche Lehren aus dem Umbau gezogen werden können.
SBS: Endlich ist es Sommer geworden. Welchen Anteil machte der Verkehrsertrag im Sommer in den letzten Jahren bei den Saastal Bergbahnen aus? Und welchen Anteil möchten Sie in diesem Sommer erzielen?
Simon Bumann: Der Verkehrsertrag Sommer während der letzten Jahre betrug zwischen 27 und 31% vom gesamten Verkehrsertrag. Ziel ist es, diesen Wert in Zukunft nachhaltig zu festigen und nach Möglichkeit zu steigern. Durch Attraktivitätssteigerungen am Berg und der Erneuerung der Anlagen wollen wir das Gästeerlebnis erhöhen. Selbstverständlich hängt diese Entwicklung stark mit dem Ausbau von Gästebetten in der Destination zusammen. In naher Zukunft werden zusätzliche Gästebetten geschaffen, wodurch das Potential im Sommer und Winter erhöht werden dürfte.
Wie gross ist der Anteil an Gästen, den Sie im Sommer zum Skifahren begrüssen dürfen?
Der Sommerskibetrieb macht ca. ein Viertel der Ersteintritte aus und stellt ein wichtiges Standbein im Sommer für die Saastal Bergbahnen AG dar. Die Trainingsmannschaften schätzen das Angebot und die Organisation des Trainingsbetriebes auf dem Gletscher in Saas-Fee.
Ab Juli dürfen Sie verschiedene Teams für das Sommertraining auf dem Gletscher begrüssen. Wie sieht die Trainingsorganisation aus?
An den am stärksten ausgelasteten Tagen trainieren bis zu 80 Mannschaften gleichzeitig auf dem Gletscher in Saas-Fee. Neben den alpinen Disziplinen (Slalom, Riesenslalom, Super G, Abfahrt) können weitere Sportarten auf dem Gletscher trainiert werden. Ski- & Bordercross, Aereals, Slopestyle und Halfpipe runden das Angebot auf dem Gletscher ab. Die grosse Nachfrage erfordert eine umfassende Organisation des Tagesablaufes der Trainingsmannschaften. Von der minutiös geplanten Beförderung auf den Berg, über die Zuteilung der verschiedenen Trainingsläufe auf die verschiedenen Pisten, sowie die täglich durchgeführten Trainiermeetings, werden die Trainingsmannschaften über ihren Aufenthalt in Saas-Fee bestens begleitet. Dadurch können top Trainingsbedingungen und eine optimale Wintervorbereitung gewährleistet werden. Unser jahrelang erfahrenes Pisten- und Rettungsteam hat das Know-how, die Pisten des Gletscherskigebiets herzurichten und täglich zu präparieren, um den Anforderungen der verschiedenen Trainingsmannschaften gerecht werden.
Hat es bei der vielen Anzahl von Teams nebenher genug Platz für weitere Gäste?
An den Rekordtagen trainieren bis zu 1500 Athletinnen und Athleten auf dem Gletscherskigebiet von Saas-Fee. Die Nachfrage im Sommer besteht fast ausschliesslich aus Trainingsmannschaften, so dass der Anteil der Individualgäste eher klein ist. Auf sämtlichen Abfahrten besteht jedoch die Möglichkeit einen Teil der Piste frei zu nützen. Die Individualgäste treffen so wiederholt auf bekannte Namen aus dem Schneesportbereich und können diese beim Trainingsbetrieb beobachten.
Wie sieht es mit anderen Sommeraktivitäten aus? Wie steht es dort um die Gästeverteilung?
Mehr als die Hälfte der Sommergäste benützen die Bergbahnen im Sommer mit der Gästekarte SaastalCard, um die zahlreichen Aktivitäten auf dem Berg, wie Wandern, Bergsteigen, Biken, Trailrunning, Klettersteigen und weiteren Attraktivitäten zu nutzen. Seit dem Sommer 2020 ist der Magic Pass auch im Sommer für die Benützung der Bergbahnen in Saas-Fee und Saas-Almagell gültig. Viele Tagesausflugsgäste besuchen uns mit dem Magic Pass oder kaufen herkömmliche Fahrkarten für die Benutzung der Bergbahnen. Der Magic Pass und die Fussgängerkarten machen ca. 20% der Ersteintritte im Sommer aus.
Im letzten Sommer konnten die Mountainbiker keinen Gebrauch von den Seilbahnen machen. Gibt es da jetzt ein Angebot?
Seit der Fertigstellung der Hannigbahn können Mountainbikes wieder mit der Seilbahn transportiert werden. Auf dem Hannigberg finden die Gäste mehrere Wege für interessante Bergtouren auf dem Fahrrad. Ein wesentlicher Bestandteil des Bikeangebotes der Destination Saastal kann zudem in Saas-Grund angeboten werden.
Die neue Hannigbahn ist seit Ostern betriebsbereit, seit Ende Juni offiziell eingeweiht und dies, obwohl es im Herbst 2022 noch relativ düster für die Seilbahn aussah. Was hat Sie überzeugt, die Anlage dennoch zu bauen?
Das Hanniggebiet ist ein sehr wichtiges Ausflugsziel und Naherholungsgebiet, welches über das gesamte Jahr rege besucht wird. Eine Umfrage bei den Zweitheimischen des gesamten Saastals hat ergeben, dass der Hannigberg das wichtigste Ausflugsziel überhaupt ist. Als Erlebnisort nah am Dorf bietet es eine zentrale Alternative zum klassischen Skisport und besitzt beste zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten.
Wie konnte die Finanzierung gesichert werden?
Der Mehrheitsaktionär, die Familie Schröcksnadel, und der gesamte Verwaltungsrat der Saastal Bergbahnen AG waren beeindruckt über das grosse Engagement zum Erhalt der Hannigbahn. Aus diesem Grund haben sie sich angesichts der neuen Ausgangslage bereiterklärt, die neue Bahn zu bauen und zu betreiben.
Die wichtige Eigenkapitalbasis von 25% bildeten die bereits im Frühling und Sommer 2022 mittels Crowdfundingaktion gesammelten Gelder zahlreicher Erst- und Zweitheimischen, Firmen und Freunde der Hannigbahn.
Die restliche Finanzierung wurde durch Gelder der öffentlichen Hand, der Banken und aus der laufenden EBITDA der Unternehmung erbracht.
Beim BAV gab es keine Einsprachen zu den Bauplänen. Dennoch mussten die Pläne angepasst werden. Was waren die Gründe und welche Aspekte wurden geändert?
Das Umfeld beim Bau der Hannigbahn war geprägt von einer weltweiten Teuerung, gestiegenen Rohstoffpreisen sowie vollen Auftragsbüchern bei Bauunternehmungen und zuliefernden Firmen. Dies hatte zur Folge, dass das Kostendach für das angedachte Projekt nach Eingang der ersten Offerten nicht eingehalten werden konnte. Wir sahen uns gezwungen, die Tal- und Bergstation neu zu planen, den Betonanteil wesentlich zu reduzieren und offene Stationen, statt geschlossene Gebäude, vorzusehen. Die Projektanpassungen und die mittlerweile gesunkenen Rohstoffpreise haben sich nicht nur finanziell positiv ausgewirkt, sondern auch optisch die Anlage mit ihren lichtdurchfluteten Stationen verbessert. In der bisherigen Bergstation konnte die Garagierung der Kabinen, die Werkstatt, der Kommandoraum, die Toiletten und Sozialräume untergebracht werden, während die neue, offene Bergstation ein paar Meter weiter nördlich zu stehen kam.
Welche Erkenntnisse und «Lessons Learned» können Sie aufgrund des Hannigbahn-Projekts mit anderen Seilbahnunternehmen teilen?
Der Neubau und Ersatz von bestehenden Bahnanlagen ist und bleibt eine grosse Herausforderung. Als Bergbahnbetreiber müssen wir uns ständig an die neuen Rahmenbedingungen in Bezug auf Finanzen, Gesetzen und Verordnungen, Technik, Klimaveränderungen, usw. anpassen. Damit ein Bergbahn-Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann, braucht es neben Mut, Innovation und Geld, auch gute Partner, verständnisvolle Behörden und Bevölkerung, viel Geduld, Flexibilität und Durchhaltewillen. Nicht jedes Projekt gelingt auf Anhieb und oft stellt am Ende die überarbeitete Version die bessere Option dar. So haben wir es bei der Hannigbahn erlebt und wie so oft galt auch hier: «Niit lug lah gwinnt!»